Judith
Ich bin nun seit acht Tagen in Jerusalem und überwältigt. Reizüberflutet, gleichzeitig betroffen und ermutigt sitze ich in einem Cafe am Jaffator – dem Eingang zur Altstadt Jerusalems. Zum einen hielt die letzte Woche viel für mich bereit, zum anderen erzählen Bilder oft mehr als geschriebene Worte; deshalb eine kleine Slideshow ...




Ich komme gerade aus Ma’ale Adumin, einer unter internationalem Recht nicht anerkannten israelischen Siedlung in der palästinensischen Westbank, wo Tali mit ihrer jungen vierköpfigen Famlie lebt. Sie verkaufte mir ihr Fahrrad und lud mich auf Kaffee ein. Wieder in Jerusalem angekommen, gab ich mein Rad zum Service und entdeckte zufällig ein Buchgeschäft mit einem kleinen Cafe im Obergeschoss. Der Inhaber Leor erzählte mir von ihrer Arbeit für sudanesische Flüchtlinge – gratis Hebräischkurse, Spieleabende und einfach zuhören. Da mich diese Arbeit schon immer fasziniert und wie magisch angezogen hat, bot ich meine Hilfe an und verließ den Laden frohen Mutes, glücklich und mit vier neuen Büchern über Israel und Palästina. Leor organisierte mir sogar einen Arabischtutor namens Nahum.

Als wir letzten Freitagabend im Rahmen meiner Arbeit zum Leiterschaftstraining für Israelis und Palästinenser (die meisten aus der Westbank, einer aus Gaza) nach Beit Jala fuhren, machten das Passieren des Checkpoints in die Westbank nach Bethlehem und die immense mit Grafitti beschmierte Mauer die Reise für mich zu einem bewegenden Erlebnis. Die Gesamtsituation hier im Land ist sehr bedrückend und neu für mich – erst hier wurde mir bewusst, wie behütet ich aufgewachsen war. Während des Trainings sah ich junge von Geschichte entzweite Menschen meines Alters, die ihr ganzes Leben nur Stacheldrähte, Militär und die Trennung zweier Seiten kannten. Am meisten berührte mich der verzweifelte und feste Wille, ZUSAMMEN einen Unterschied in dieser Welt zu machen, ZUSAMMEN für Frieden einzutreten und diese Ideen an jüngere Menschen weiterzugeben.

Eine junge Frau sagte bezogen auf Menschen der jeweils anderen Seite:

„Es ist überall möglich, Hummus in einer Million Reiskörner zu finden!“
(die Nadel im Heuhaufen ... ^^)

Deshalb veranstaltet Musalaha Camps in der „neutralen“ Wüste ohne Checkpoints und Militärpräsenz für junge Menschen – dort werden neue Freunde gefunden, Augen auf beiden Seiten geöffnet, Meinungen und Geschichten geteilt. Eisbrecher sind die zusammen erlebten Herausforderungen wie ein gemeinsamer Kamelritt durch die Wüste Negev oder ein sandiger Schlafplatz. Wenn messianische Juden und christliche Palästinenser teilnehmen, finden Bibelarbeiten statt. Sind muslimische Teilnehmer bei Musalaha Veranstaltungen vor Ort, liegt der Fokus noch mehr auf Gruppendynamik. Auch Musalahas Frauengruppe ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, weil Frauen generell offener für Versöhnung sind und ihre Männer und Familien über sie erreicht werden können.

Meine persönlichen Erfahrungen in Israel sind insgesamt sehr positiv und horizonterweiternd – obwohl ich mich viel verlaufe, mich manchmal nur mit Händen und Füßen verständigen kann, weil wenig Englisch gesprochen wird, und verliere, wenn ich versuche, am arabischen Suq (Markt) zu handeln. Aber mich faszinieren sowohl die Mentalität des Nahen Ostens als auch Jerusalem mit den wunderschönen Stadtmauern, den kleinen Gassen, den versteckten Märkten, vielen neuen Bekannten, Lebensgeschichten der verschiedensten Menschen und vieles mehr.

مع السلامة

Bis bald :)
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